Von Maria Alm zum Königsee

Die diesjährige Königsetappe

Seit fast 10 Jahren fahren wir immer wieder zum Hochkönig. Seit meinem ersten Besuch hier will ich einmal die traditionelle Wanderung von Maria Alm zum Königsee, hier besser bekannt als „Bartholomä-Wallfahrt“, machen. Nicht aus religiösen Gründen, sondern weil das neben der Besteigung des Hochkönigs einfach die anspruchsvollste Wanderung in der Region ist. Was mich bisher davon abgehalten hat? Die Distanz von 23 Kilometern, die anstrengenden Höhenmeter und die fehlende Möglichkeit, irgendwo abzukürzen oder umzukehren, wenn es einfach nicht mehr weiter geht. Und natürlich die Kinder.

In diesem Jahr ist es aber gerade das große Kind, was uns antreibt, dieses lang ersehnte Ziel in die Tat umzusetzen. Einfach, weil er mit will. Ich muss zugeben, dass ich sehr skeptisch bin, dass ein 7-jähriger eine Wanderung mit 9-10 Stunden Gehzeit schaffen kann und gleichzeitig weiß ich, dass mein Sohn alles schaffen kann, was er sich in den Kopf gesetzt hat. Also planen wir die Tour und bereiten sie entsprechend vor, denn neben beständigem Wetter ist diese Wanderung eben kein Rundweg, so dass die Rückreise vom Ankunftsort organisiert werden muss.

Die Vorbereitung beginnt

Als wir uns aufgrund der Wettervorhersage für einen geeigneten Tag entschieden haben, fahren wir am Vortag mit unserem Auto 1 1/4 Stunden zum Ankunftsort der Wanderung nach Berchtesgaden zum Königsee. Am See befindet sich ein riesiger Parkplatz, auf dem wir das Auto kostenpflichtig abstellen können (5 EUR für 24 Stunden). Im Tourismusbüro lassen wir uns eine Verbindung für die Rückreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln geben: Erst geht es mit einem Linienbus zum Bahnhof in Berchtesgaden, dort steigen wir in den Linienbus bis nach Hintersee um. Weiter geht es mit dem ALMErlebnisBus bis Maria Alm und schließlich mit dem Wanderbus nach Hinterthal. Das Ganze dauert etwa drei Stunden. Das ist der Grund, warum wir diesen Teil der Rückreise bereits VOR der Wanderung machen wollen, um dann NACH der Wanderung gemütlich ins Auto steigen zu können.

Die Busfahrt mit den Linienbussen ist so wenig spektakulär wie in jeder anderen Stadt auch. Dann steigen wir in den ALMErlebnisBus. Ich hatte keine Erwartungshaltung und bin davon ausgegangen, dass der denselben Weg zurückfährt, wie wir ihn auch mit dem Auto gefahren sind. Wie der Name aber schon sagt: Die Fahrt mit dem Bus ist ein Erlebnis. Kurz nach Hintersee fährt der Busfahrer (wir sind übrigens die einzigen Fahrgäste in diesem optisch normalen Linienbus) auf eine Art asphaltierten Forstweg zu. Auf dem Weg stehen Kühe und der Weg sieht nicht aus, ob er für einen Bus geeignet ist. Ist er offenbar doch, denn wir fahren im Schritttempo durch die Kuh-Herde. Der Busfahrer fährt immer weiter bergauf durch den Nationalpark Berchtesgarden und wir passieren mit Schranken gesicherte Wege und überwinden Straßen mit einer Steigung von 30%. Vorbei an Wasserfällen und in Serpentinen rauf und runter. Auch wenn man nicht vor hat, diese Wanderung zu machen: Eine Fahrt mit dem ALMErlebnisBus ist tatsächlich ein Erlebnis.

Es geht los

Am nächsten Tag planen wir, um 6:15 Uhr aufzubrechen zum Startpunkt der Wanderung am Parkplatz Sandten in Maria Alm. Das frühe Aufbrechen ist zum einen notwendig, um den anstrengenden Aufstieg zum Riemannhaus im Schatten bewältigen zu können und zum anderen, um in St. Bartholomä das letzte Schiff über den Königsee zurück zum Anleger und damit zum Parkplatz zu erwischen. Bei etwa 10 stündigen Gehzeit wollten wir entsprechend Puffer einplanen. Wir wachen um 5:30 Uhr auf, weil es blitzt und donnert. Verdammter Mist. Und jetzt? Wir entscheiden uns, noch eine Stunde zu warten und in der Stunde hört der Regen tatsächlich allmählich auf, so dass wir mit leichter Verspätung gegen 7:45 am Parkplatz in Sandten los gehen können.

Zum Riemannhaus führt erst ca. eine Stunde lang ein Schotterweg bis zur Talstation des Versorgungsliftes. Ab dann geht es kraxelig steil bergauf. Die schmalen Wege sind teilweise mit Seilen und Griffen gesichert, aber grundsätzlich ist der Weg durchaus bewältigbar. Unserem Sohn macht das bergauf gehen offenbar so gar nichts aus. Er zieht uns in ca. 2 Stunden und 15 Minuten den Berg bis zum Riemannhaus auf 2.154 Mete hoch. Oben angekommen klart der Himmel auf und wir können unsere durchschwitzte Kleidund etwas trocknen, während wir in der Sonne auf der Terrasse um 10 Uhr morgens eine Suppe essen. Am Riemannhaus kann man grundsätzlich auch übernachten, wenn man diese Tour im Rahmen einer Fernwanderung unternehmen möchte.

Nach 30-minütiger Pause geht es weiter durchs Steinerne Meer, einer bizarren Felslandschaft mit Blick auf die markante Schönfeldspitze. Der Weg durch diese Mondlandschaft ist hervorragend durch rot-weiße Österreich-Flaggen gekennzeichnet.

Etwa zwei Stunden benötigen wir durch das Steinerne Meer. Dieser Teil der Wanderung ist vergleichsweise einfach, da wenig Höhenmeter zu bewältigen sind. Es ist wunderbares Gefühl, am Gipfel eines Berges entlangzulaufen. Die Luft ist klar und trotz der Sonne angenehm. Ab und zu begegnet man ein paar Schafen, ansonsten ist es sehr einsam.

Die Felslandschaft wird dann zunehmend grüner und nachdem wir die Grenze zu Deutschland passiert haben, führt der Weg durch Grün, Blumen und Waldstücke bis wir nach einer weiteren Stunde gegen 13:30 Uhr das Kärlingerhaus erreichen. Auf dem Weg zum Haus hört man bereits Murmeltiere pfeifen und wir sehen ein paar Meter vor uns die beiden Murmeltiere, die lautstark ihre Artgenossen vor uns Eindringlingen warnen wollen. 

Das Kärlingerhaus selbst liegt wunderschön am Funtensee und der Blick ringsum auf die Berge ist einfach nur herrlich. Das Haus selbst erinnert an Klassenfahrten der 80er-90er Jahre und ist sehr einfach gehalten. Wir haben uns nun drei Stunden lang auf eine kalte Cola gefreut. Die gibt es hier allerdings nicht. Durch die Pinzgauer Küche verwöhnt, sind wir von dem Essen und der fehlenden Hütten-Atmosphäre ein bisschen enttäuscht und sind froh, hier nicht übernachten zu müssen. Nach 30-minütiger Rast begeben wir uns auf die letzte Etappe der Wanderung.

Es geht nochmal ein kurzes Stück bergauf und dann beginnt ein elend langer, nicht enden wollender Abstieg. Nach ca. 1 Stunde erreichen wir die sogenannte Saugasse, die auf schmalen Schotterwegen in unzähligen Kehren nach unten führt. Unten angekommen geht es eine weitere Stunde durch wunderschöne Waldstücke, bis man dann endlich nach ca. 3 Stunden den ersten Blick auf den Königsee erhascht. Von da aus geht es dann weitere 40 Minuten bergab am See entlang bis zur Wallfahrtsirche St. Bartholomä, wo wir um 17:40 Uhr nach 10 Stunden und 9 Stunden reiner Gehzeit ankommen.

Hier ist verstörenderweise die Hölle los. Auf den 10 Stunden Wanderung haben wir vielleicht 10 Menschen getroffen. Hier legt nun ein Boot nach dem nächsten an, um die ca. 1.000 Besucher nach und nach abzutransportieren. Da wir keine Kraft mehr haben, uns in irgendeine Schlange zu stellen, sitzen wir auf einer Bank und stehen erst auf, als das letzte Boot anlegt. Die Kirche haben wir uns im übrigen auch nicht näher angesehen.

Geschafft, im wahrsten Sinne des Wortes

Etwa 30 Minuten dauert die Fahrt über den See mit dem gerümigen Elektroboot. Wir sind froh, direkt ins Auto steigen zu können und fahren so gemütlich mit sehr lahmen Beinen zurück nach Hinterthal.

Jetzt bin ich gar nicht mehr weiter auf unseren 7-jährigen Sohn eingegangen. Einfach deswegen, weil er die gesamte Wanderung so bravourös wie ein Erwachsener gemacht hat und eigentlich von uns dreien am wenigsten gejammert hat, was alles weh tut. Er hat uns mit seiner Energie, seinem Durchhaltevermögen und seiner Fokussierung sowas von beeindruckt. Wir haben einfach nur große Hochachtung vor dieser Leistung und sind sehr dankbar, dass wir dieses besondere Erlebnis einer so abwechslungsreichen und einzigartigen Wanderung mit ihm gemeinsam erleben durften.

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2 Responses
  1. Anonymous

    Liebe Antje , Donnerwetter , so schöne Erlebnisberichte ! In Dir steckt das Talent zur Schriftstellerin . Ich bin beeindruckt. Und die wunderschönen Fotos von der großen Königsee Tour haben mich sehr bewegt. Vielen Dank von deiner Geli

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